Historisches
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MENHIRE


zitiert aus: "Das Rätsel der Menhire"
von Detert Zylmann


Erz-Druide, Zeichnung v. Charles Smith, 19. Jh

Jedem, der sich mit archäologischen Kulturdenkmälern beschäftigt, stellt sich die Frage nach der Funktion, nach dem Sinn, nach den Glaubensvorstellungen, nach dem kulturellen oder religiös-kultischen Hintergrund.

DEUTUNGSVERSUCHE

Sicherlich ist die Ansprechbarkeit und damit Deutbarkeit des Materials sehr unterschiedlich. Während die Gegenstände des alltäglichen Lebens unserer Vorfahren oft eine Fülle von Erkenntnissen liefern und auf diese Weise zu historischen Erkenntnissen führen können, betritt man bei der Beschäftigung mit kultischen Zeugnissen den Boden spekulativer Betrachtungen. Dennoch, ohne die Mittel der Fiktion ist die Rekonstruktion vergangener Zeit aus den archäologischen Hinterlassenschaften ein nüchternes, wenig anregendes Unterfangen. Um es vorweg zu sagen, eine einheitliche Deutung der Menhire ist nicht möglich. Auch ist es müßig, sämtliche Deutungsversuche aufzuzählen, da alle Angaben letztlich keine Klärung bringen, aus welchen Gründen diese Steine errichtet wurden. Sie bleiben geheimnisvoll, aber gerade das macht ihren Reiz aus. Um Fehldeutungen möglichst auszuschließen, hat man seit dem letzten Jahrhundert begonnen, ethnologische Vergleiche heranzuziehen, da es auch heute noch Völker gibt, die unter ähnlichen Bedingungen leben und vergleichbare Techniken benutzen, wie wir es für unsere vorgeschichtlichen Vorfahren annehmen müssen. Beide Wissenschaften, die Ethnologie und die Archäologie, versuchen Einblicke in die Kulturgeschichte der Menschheit zu geben. Dennoch ist auch hier Vorsicht geboten. Bei allen äußerlichen Ähnlichkeiten, sind doch die Ergebnisse der Ethnologie nicht ohne weiteres auf die Archäologie zu übertragen. Allgemein können wir wohl über die Menhire sagen, dass sie eine kultisch-religiöse Funktion hatten. Es sind keine Grabmäler, die den Ort einer Bestattung anzeigen, obwohl zu ihren Füßen gelegentlich Tote bestattet wurden. Ein ursächlicher Zusammenhang ist nur in den seltensten Fällen zu belegen. Vielleicht waren es Götteridole, phallische Kultdenkmäler oder, analog zu volkskundlichen Erscheinungen, Opferpfähle. Man sah in ihnen Monumente, die möglicherweise als Erinnerung an Verstorbene errichtet wurden, deren Leichnam man nicht finden konnte, sozusagen Vorläufer der griechischen Kenotaphen. Sie wurden auch gedeutet als Ruhesitze für die umherschwebenden Seelen der Verstorbenen, als Ahnenkultmale, oder man hielt sie für "Ersatzleiber" Verstorbener, an denen die Hinterbliebenen Abschied nehmen konnten; der Stein also als Bindeglied zwischen den Toten und den Lebenden, zwischen den vergangenen und den lebenden Geschlechtern. Vor allem die mit anthropomorphen Motiven verzierten Steine mögen eine sichtbare Verbindung zum verstorbenen Menschen hergestellt haben. Schließlich hat man den Standort der Steine mit Gerichtsstätten in Verbindung gebracht. In jüngerer Zeit können sie als Forst- und Gemarkungssteine sowie als Besitztumsgrenzen und Wegemale genutzt werden. Viele Steine mögen mehrere dieser Funktionen auf sich vereinigt haben. Es ist durchaus denkbar, dass ein Totengedenkstein zugleich Grenzstein, ein Grenzstein ebenfalls Gerichtsmal sein konnte. Auch ist ein Funktionswechsel im Laufe der Zeit nicht auszuschließen. Wir müssen uns mit der Feststellung begnügen, dass die Menhire, und daran dürfte kein Zweifel bestehen, weitgehend aus vorchristlicher Zeit stammen und Ausdruck einer kultisch-religiös geprägten Vorstellungswelt gewesen sein dürften.

Die bekannte Steinkreisanlage von Boitin, Kreis Bützow, in Mecklenburg-Vorpommern wurde lange Zeit mit einer Opfer- oder Kultstätte, mit einem Versammlungs- oder Gerichtsplatz in Verbindung gebracht.

Der Steinkreis von Boitin
Gareth (www.beepworld.de/members10/ovaten)

Eine populäre und weit verbreitete Ansicht besagt, dass eine wesentliche Funktion dieser Monumente astronomischen Zwecken diente, etwa der Beobachtung des Himmels oder als einfaches Messinstrument zur Erfassung des Sonnenstandes im Tagesablauf und im Wechsel der Jahreszeiten, Daten, die für eine optimale Planung in Landwirtschaft und Viehzucht wohl unerlässlich waren.
Ein Paradebeispiel megalithischer Astronomie ist wiederum Stonehenge. Es scheint unbestritten, dass Stonehenge eine Vielzahl von astronomischen Beobachtungen ermöglichte. Ob es allerdings in vorgeschichtlicher Zeit als eine Art Sternwarte genutzt wurde, wie behauptet wird, lässt sich zumindest von archäologischer Seite nicht bestätigen.