Historisches
Definition
Aufrichtung & Transport
Deutung
Brauchtum
Datierung
Menhire im Saarland
Menhire in Rheinhessen
Menhire in der Rheinpfalz
Menhire in Hessen
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MENHIRE


zitiert aus: "Das Rätsel der Menhire"
von Detert Zylmann


"Der Hexensabbat" von Francisco Goya, um 1798

In heidnischer Zeit als Kultsteine, Mahnmale oder Idole verehrt, dürften Menhire mit der Einführung des Christentums der Kirche ein Dorn im Auge gewesen sein. Eine Verehrung von Steinmonumenten konnte nicht geduldet werden. Immer wieder mussten Missionare und Priester mit ansehen, welche Anziehungskraft die in heidnischer Tradition stehenden Steine auf die Bevölkerung ausübten. So ist es durchaus verständlich, dass insbesondere die katholische Kirche das mit den Menhiren verbundene Brauchtum erbittert bekämpfte.

GLAUBE UND BRAUCHTUM

Auf mehreren Konzilien wurde der Steinkult verdammt. Synodalbeschlüsse wie beispielsweise die von Arles (452), Tours (567), Nantes (658) und Mainz (743) warnten vor der Sünde, den Steinen zu opfern. Bei Nichtbefolgung wurde sogar mit Exkommunizierung gedroht. Auf dem Konzil von Nantes erfolgte die Weisung, diese heidnischen Steine auszugraben und verschwinden zu lassen. 391/392 hatte Theodosius I. (347-395) alle heidnischen Kulte verboten und die katholische Lehre zur Staatsreligion erklärt. Dennoch lebte die Verehrung der Menhire als Götteridole vielerorts weiter. Viele Steine wurden durch Priester zerstört, beschädigt oder vergraben.

Das Christentum, das die Menhire anfänglich als heidnisch ablehnte, konnte jedoch auch durch kirchliche Weisungen und Verbote keinen durchschlagenden Erfolg erzielen. Deshalb versuchte man, einen anderen Weg einzuschlagen. Nicht durch Vernichtung und Zerstörung der Menhire sondern durch die Integration in die christliche Glaubenswelt sollte eine allmähliche Annäherung erfolgen.

Dies geschah auf unterschiedliche Weise. Durch Aufsetzen eines Kreuzes oder durch Eingravierung christlicher Symbole versuchte man, die Steine in den Dienst der eigenen Religion zu stellen. Man "christianisierte" die Steine. Andere Menhire wurden in den Dienst des neuen Glaubens gestellt, indem man sie in Kirchen verbrachte.


Das Fraubillenkreuz ist ein christianisierter Menhir
Abbildung von www.orte-der-kraft.de


Bereits im 13. Jahrhundert wird urkundlich erwähnt, dass sich einige Menhire zu hohen Feiertagen drehen können. Legt man das Ohr an bestimmte Menhire, so sind Weh- und Klagelaute zu vernehmen. Für viele waren und sind die Steine auch heute noch Träger übernatürlicher Kräfte.
Wir kennen Steine in der Bretagne, die Mittelpunkt von Fruchtbarkeitsriten sind. Segensreicher Einfluss auf Liebe und Kindersegen wird denen zuteil, die die Steine intensiv berühren. Noch im vorigen Jahrhundert vereinigten sich kinderlose Paare im "Bannkreis" fruchtbar machender Steine. In der Gegend von Carnac wurden Steine von älteren kinderlosen Ehepaaren umtanzt, während sie den Wunsch nach Erben aussprachen. Rituelle Tänze im Kerzen- und Fackelschein sowie die Salbung mit Öl sollten die fruchtbar machende Wirkung der Menhire verstärken. Mit den Menhiren ist die Vorstellung von einst lebenden Wesen verbunden, die geheimnisvolle Kräfte besitzen. Deshalb muss ihnen Respekt gezollt werden.

Manche Menhire sind zu Wallfahrtsorten geworden. Kranke erhoffen sich Heilung durch das Berühren der Steine, diejenigen, die am Fuß der Steine nächtigen, wachen morgens auf, erlöst von ihren Leiden. Die Menhire hatten also nicht nur einen segensreichen Einfluss auf Liebe und Kindersegen, sondern man sprach ihnen auch Heilkräfte zu. Wurden bestimmte Steine auf allen Vieren umkrochen oder berührte man sie mit den betroffenen Gliedmaßen, so nahm der Stein die Schmerzen und Beschwerden. Der Glaube an die Macht der Steine manifestiert sich auch heute noch gelegentlich in bestimmten Praktiken.

LEGENDEN, MÄRCHEN UND SAGEN

Denkmäler wie die Menhire können auch heute noch für die ortsansässige Bevölkerung eine kulturelle Bedeutung und eine mythische Anziehungskraft besitzen. So ist es nicht verwunderlich, wenn sich um die Entstehung dieser Steine Legenden und Sagen ranken.

Natürlich stellt sich die Frage, wie weit sich derartige mündliche Überlieferungen zurückverfolgen lassen. Entgegen der vielfach vertretenen Behauptung, dass es eine verbale Überlieferungskontinuität seit Jahrtausenden gibt, die bis in die heidnische Vorzeit hineinreicht, hat sich nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen die Annahme erhärtet, dass mündlich weitergegebene Überlieferungen nur über einen verhältnismäßig kurzen Zeithorizont verfügen, der maximal 100 Jahre beträgt, also etwa nur 3 bis 4 Generationen.

So fantasievoll wie die Namen so vielgestaltig sind die Erzählungen und Sagen, die zu einzelnen Steinen überliefert sind.

Sehr häufig begegnen uns "Versteinerungssagen". Die Verwandlung in Steine ist in der antiken Mythologie Ausdruck göttlicher Bestrafung. Es wird der derjenige bestraft, der Verwünschungen und Gotteslästerungen ausspricht oder sich anderer Frevel schuldig macht. Im gesamten Verbreitungsgebiet einzelner Monolithe und größerer Steinreihen von Schottland bis zu den Mittelmeerinseln finden wir Sagen und Legenden über Versteinerungen.
Ein weiterer Sagenkreis befasst sich mit den Steinen als Wurfgeschosse. In anderen Sagen wiederum sind die Steine beseelt, sie bewegen und drehen sich um die eigene Achse, gewöhnlich um Mitternacht, beim Läuten der Kirchenglocken oder wenn die Pfarrer die Messen lesen. Und schließlich sind es historische Ereignisse, die Eingang in die Sagenwelt der Menhire gefunden haben.